Betriebliches Gesundheitsmanagement in Kleinunternehmen

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Kein Geld, keine Zeit und zu wenig Mitarbeiter – das sind wohl die häufigsten Antworten darauf, warum es in kleineren Unternehmen kein Gesundheitsmanagement gibt. Dabei sind besonders auch die kleineren Unternehmen vom Fachkräftemangel betroffen. Ein Betriebliches Gesundheitsmanagement kann dazu beitragen, die Mitarbeiterfluktuation zu senken, gesundheitsgerechte Arbeitsplätze nicht nur für ältere Mitarbeiter anzubieten, und die eigene Arbeitgeberattraktivität zu steigern.

Diese Ziele hatte auch ein mittelständischer Betrieb mit ca. 100 Mitarbeitern. Um den Bedarf eines BGM im Unternehmen herauszufinden, wurde eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Dies ist für Unternehmen ab einer Mitarbeiteranzahl von ca. 50 Mitarbeitern eine sinnvolle Wahl. Sie haben weniger Mitarbeiter? Dann können Sie sich zwischen Einzelgesprächen, moderierten Gruppenworkshops oder ebenfalls einer strukturierten Befragung entscheiden. Dabei sollte immer die Abwägung von Aufwand und Ergebnis eine Rolle spielen. Aber auch die Kommunikationskultur in Ihrem Unternehmen spielt eine Rolle. Sie kennen die Wünsche Ihrer Mitarbeiter, da diese immer direkt an Sie als Geschäftsführung herangetragen werden? Dann brauchen Sie keine formelle Befragung, sondern sollten eher den Austausch mit den Beschäftigten suchen.

Aus den Ergebnissen der Bedarfsermittlung wird anschließend ein Maßnahmenplan entwickelt. Damit alle Beschäftigten über die Ergebnisse und Maßnahmen informiert werden können, steht an erster Stelle die Entwicklung eines Kommunikationskonzepts. In diesem Konzept wird festgehalten, wie und wie oft geplante Maßnahmen und Informationen zum BGM an die Mitarbeiter herangetragen werden. Gerade bei kleineren Unternehmen gilt es, die Angebote allen Mitarbeitern bekannt zu machen. Denn ohne die nötigen Infos wird es auch keine Interessenten geben. Möglich zur Übermittlung von Informationen sind Betriebs- und Arbeitsanweisungen, E-Mails, Internet/Intranet, das Schwarze Brett, Broschüren, Poster, und persönliche Gespräche und/oder Telefonate. Das betroffene Unternehmen hatte sich zur Informationsübermittlung monatliche Newsletter per E-Mail und am schwarzen Brett entschieden. Die Evaluation des BGM-Konzepts nach zwei Jahren Laufzeit ergab, dass sich das Kommunikationskonzept per Newsletter für das Unternehmen bewährt hatte und sich alle Mitarbeiter über die BGM-Maßnahmen gut informiert fühlten.

Die größte Schwierigkeit für ein BGM in kleineren Unternehmen ist es gar nicht unbedingt, ein entsprechendes Programm anzustoßen. Vielmehr besteht die Herausforderung darin, das Programm auch am Leben zu erhalten. Rückblickend stellte sich für das hier genannte Unternehmen als größte Hürde dar, dass ein Steuerungskreis BGM alleine nicht ausreichend war, um das Programm am Leben zu halten. Es musste vielmehr eine verantwortliche Person aus den eigenen Reihen gefunden werden, die sich um Informationsweitergabe, Organisation und Abrechnung der Maßnahmen kümmerte. Im vorliegenden Fall konnte die Teamassistenz der Geschäftsführung dafür gewonnen werden. Hier waren ein hohes gesundheitliches Interesse gepaart mit dem Wissen über Abrechnungssysteme und Infomationsweitergabe gebündelt und konnten sinnvoll und ohne großen Aufwand eingesetzt werden. Natürlich ist es zunächst ein naheliegender Schritt, die Teamassistenz mit den (Zusatz-) Aufgaben des BGM zu betrauen. Diese Aufgaben sollten jedoch immer an eine Person heran getragen werden, die auch aus persönlichem Interesse voll hinter dem Programm steht. Im Zweifelsfall ist das die Geschäftsführung selbst.

Die zuvor angesprochene Evaluation nach 2 Jahren ergab nicht nur eine hohe Bekanntheit des Programms. Der Geschäftsführer fasst die weiteren Ergebnisse kurz zusammen: „Sowohl bei der Mitarbeiterzufriedenheit als auch bei den Krankenständen konnten wir über die vergangenen zwei Jahre eine positive Entwicklung feststellen. Wir konnten auch sehen, dass unsere Mitarbeiter zunehmend Werbung für unser Unternehmen machen und offene Stellen häufig über Empfehlungen aus der eigenen Belegschaft besetzt werden können.“
Bei der Evaluation wurden auch neue Ideen und Vorschläge der Mitarbeiter gesammelt und nun nach und nach umgesetzt. Eine erneute Evaluation ist wieder in zwei bis drei Jahren angedacht.

BGM-Maßnahmen für Kleinunternehmen
Prävention

Zur Vorbeugung und Vermeidung von gesundheitlichen Schäden können Kleinunternehmen in präventive Maßnahmen investieren. Dazu zählen z. B. Rückenschule sowie Raucher- und Alkoholprävention und Erste-Hilfe-Kurse. Angebote zur Rückenschule sind dabei besonders zu empfehlen, da Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems die häufigsten Ursachen für Fehlzeiten im Unternehmen sind. Zudem sind diese Vorhaben schnell umsetzbar und zeigen bei den Mitarbeitern in kurzer Zeit Erfolge. Solche Beschwerden lassen sich auch durch Veränderungen der Arbeitsorganisation reduzieren. Dies umfasst Maßnahmen zur Anpassung betrieblicher Rahmenbedingungen, der Arbeitsprozesse sowie des Arbeitsplatzes und beinhaltet u. a. die klare Abgrenzung von Arbeitsaufgaben und das Festlegen von Verantwortlichkeiten zur Vermeidung von Doppelarbeit sowie erhöhten Belastungen. Hier geht es vor allem um die Verbesserung des Arbeitsumfeldes z. B. durch die Optimierung des Arbeitsplatzes, die Anpassung der Lichtverhältnisse, den richtigen Einsatz von Raumfarben, die Reduzierung des Geräuschpegels und die Verkürzung von Laufwegen.

Ergonomie am Arbeitsplatz

Eine ergonomische Arbeitsweise und die richtige Haltung am Arbeitsplatz können Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems vorbeugen, die durch Bewegungsmangel, Fehlhaltungen und Monotonie am Arbeitsplatz entstehen könnten. Ergonomische Arbeitsplätze führen zu einer optimalen Anpassung der Arbeitsumgebung an die Tätigkeiten des Beschäftigten. So können Mitarbeiter ihrer Arbeit sicherer, gesünder und effektiver nachgehen.

Bewegung am Arbeitsplatz

Um Bewegungsmangel am Arbeitsplatz entgegenzuwirken, können Sportangebote wie Herz-Kreislauf-Training und Muskelaufbau unterstützend wirken. Betriebliche Maßnahmen bieten die Möglichkeit, auf den Bewegungsmangel hinzuweisen, für das Thema zu sensibilisieren und erste Erfolge zu bringen. Besonders in Kleinunternehmen sollten diese Maßnahmen günstig, einfach umsetzbar und gemeinschaftlich sein. Mit Kleinigkeiten kann schon viel erreicht werden. Beispiele sind Treppenlaufen statt Fahrstuhlnutzung, zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit zu kommen, Gemeinschaftsdrucker in einem separaten Raum zu platzieren oder die Mittagspause zu nutzen, um sich aktiv zu bewegen. Auch die bewusste Unterbrechung der Arbeit mit kurzen Bewegungspausen und Gymnastikübungen ist hilfreich. Eine Möglichkeit ist die so genannte Aktivpause einmal wöchentlich für 15 bis 30 Minuten, um unter fachlicher Anleitung Dehnungs-, Gymnastik- und Kräftigungsübungen sowie Mobilisation durchzuführen. Da aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl die Bildung von Sport- oder Laufgruppen in Kleinunternehmen eher schwierig ist, könnte durch den Arbeitgeber eine Kooperation mit ansässigen Sportvereinen, Fitnessstudios oder Schwimmbädern geschlossen werden. Finanzielle Unterstützung schafft Anreiz für die Mitarbeiter. Kleinunternehmen könnten firmeneigene Betriebsfeiern oder Betriebsausflüge sportlich gestalten und damit die Mitarbeiter für Sport und Bewegung begeistern. Auch die Teilnahme an Firmenläufen, Drachenbootrennen oder „Laufen mit Herz“ stärkt das Bewegungsbewusstsein. Für Lauf-Anfänger empfehlen sich Lauftrainings oder Nordic Walking unter qualifizierter Anleitung eines Trainers. Für die körperliche Gesundheit ist neben der Bewegung auch die Entspannungspause wichtig. Der Wechsel zwischen Bewegung und Entspannung kann helfen, das persönliche Wohlbefinden und die Konzentration am Arbeitsplatz zu steigern. Dabei reicht es häufig schon aus, kurze Zeiten für Bewegungen der Gliedmaßen, Lockerungen des Körpers und Entspannung der Augen aktiv durchzuführen.

Arbeitszeit

Das Angebot von verschiedenen Arbeitszeitmodellen kann zur Entwicklung einer gesunden Unternehmenskultur sowie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Je nach Unternehmensstruktur empfehlen sich lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle, wie Teilzeit- oder Gleitzeitregelungen, Telearbeit/Home Office und Arbeitszeitkonten (Jahres- oder Monatsarbeitszeitkonten). Die Schaffung solcher betrieblichen Rahmenbedingungen obliegt der Geschäftsleitung, weshalb ihnen im Rahmen des BGM eine Schlüsselfunktion zukommt.

Ernährung

Ein weiteres wesentliches Handlungsfeld des BGM ist die gesunde Ernährung. Eine bewusste, gesunde Ernährung ist empfehlenswert, da mit Übergewicht und Bewegungsmangel eine Reihe von Krankheiten einhergehen kann. Im stressbelasteten Berufsalltag rückt die Ernährung allerdings häufig in den Hintergrund. Oft wird schnell, zwischendurch und ungesund gegessen. Auch Informationen zu den Folgen einer Fehlernährung, den Möglichkeiten einer ausgewogenen Ernährung und der Integration gesunder Lebensmittel in den Berufsalltag sind rar. Informationsmaterialien, die für die Mitarbeiter kostenlos ausliegen, können den Wissensstand steigern. Zudem sensibilisieren Kurse zum ausgewogenen Essen oder Kochkurse für eine bewusste, gesunde Ernährung. Das Bereitstellen von Obstkörben und Wasser sind ebenfalls sinnvolle Maßnahmen. Beim Vorhandensein einer eigenen Kantine kann auf die Auswahl der Speisen geachtet und bei Bedarf das Essensangebot umgestellt werden.

Betriebsklima

Neben der Zusammenarbeit der Führungskraft mit den Mitarbeitern beeinflusst auch die Kommunikation unter den Mitarbeitern den Gesundheitszustand eines jedes Einzelnen. Es empfehlen sich daher Maßnahmen zur Stärkung des Zusammenhalts und des Vertrauens und somit auch der Zusammenarbeit insgesamt. Denn eine schlechte betriebliche Kommunikation kann krank machen, zu Fehlzeiten und somit zu Produktivitätseinbußen führen. Regelmäßige Teammeetings oder gemeinsame Maßnahmen zur Teambildung, Weihnachtsfeiern, gemeinsame Pausen, außerbetriebliche Unternehmungen, gemeinsame Sportveranstaltungen, Laufgruppen oder auch gemeinsame Kochkurse wirken sich positiv auf die Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeiter aus.

Für die erfolgreiche Einführung von BGM und gesundheitsförderlichen Maßnahmen gilt es, folgendes zu beachten:

  • auch mit dem besten BGM sind die Beschäftigten für ihre Gesundheit selbst verantwortlich
  • das kann auch durch die Beteiligung der Mitarbeiter (finanziell usw.) verdeutlicht werden
  • wenn Mitarbeiter die Impulse des BGM aufnehmen und in ihre Lebensführung integrieren, gewinnen sie Lebensqualität und Gesundheit bis weit über das Arbeitsleben hinaus.

Über den Autor

Prof. Dr. Magdalena Bathen-Gabriel

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