Candidate Experience – Wie gewinne ich Top-Kandidierende für mein Unternehmen?

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Bemerkst auch Du, dass in Deinem Unternehmen nicht mehr zahlreiche Bewerbungen eintreffen, aus denen Du ganz entspannt die besten Kandidierenden herausfiltern kannst? Ist auch in Deinem Unternehmen eine große Fluktuation zu verzeichnen? Dann ist es höchste Zeit aus dem Dornröschenschlaf aufzuwachen. Beginne umzudenken.

Der Wandel zum Arbeitnehmermarkt

Viele Unternehmen müssen feststellen, dass die Gewinnung und Erhaltung qualifizierter Mitarbeitender nicht mehr so einfach ist wie in den Jahren zuvor. Der einstige Arbeitgebermarkt, in dem Unternehmen aus zahlreichen sich Bewerbenden Top-Kandidierende auswählen konnten, die viele Jahre treu blieben, entwickelt sich nun zunehmend zum Arbeitnehmermarkt.

Aus dem demografischen Wandel ergibt sich das Problem, dass auf dem Arbeitsmarkt zurzeit zwar zahlreiche Arbeitgeberangebote verfügbar sind, jedoch nicht ausreichend qualifizierte Bewerbende vorhanden sind, um die ausgeschriebenen Stellen zu besetzen. Daraus ergibt sich zwischen den Unternehmen ein Wettbewerb um die besten Talente, der sich auch War for Talents nennt. Im Zuge dessen rücken deshalb die sich Bewerbenden und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt.

Es zeigt sich jedoch das Problem, dass Unternehmen sich nicht bewusst sind, wie sie die individuellen Bedürfnisse von Bewerberinnen und Bewerbern erfüllen können, damit das Ziel, gute Kandidierende für das Unternehmen zu gewinnen und anschließend zu binden, erreicht werden kann. Damit sich Unternehmen im Konkurrenzkampf um die Top-Kandidierenden als Arbeitgebender attraktiver präsentieren können, erlangt die Thematik der Candidate Experience verstärkte Bedeutung.

Was bedeutet Candidate Experience?

Candidate Experience thematisiert die Bedürfnisse und die Zufriedenheit von Bewerbenden. Es geht konkret um den Gesamteindruck, den potenzielle Bewerbende im Rahmen des Rekrutierungsprozesses von potenziellen Arbeitgebenden erhalten. Fokussiert werden dabei die individuellen Erlebnisse von Kandidierenden in Rekrutierungsprozessen an den direkten und indirekten Kontaktpunkten mit dem Unternehmen.

Die Reise, die Bewerberinnen und Bewerber im Rekrutierungsprozess durchlaufen, wird auch als Candidate Journey bezeichnet, wobei alle direkten und indirekten Kontaktpunkte betrachtet werden, mit denen Kandidierende während eines Rekrutierungsprozesses in Berührung kommen. Um diese Kontaktpunkte auf übersichtliche Weise betrachten zu können, kann in einem Sechs-Phasen-Modell die Prozesskette in verschiedene Abschnitte eingeteilt werden.

Der Idealprozess läuft demnach so ab, dass Personen im ersten Schritt auf ein Unternehmen aufmerksam werden, nachdem sie eine Werbeanzeige, einen Social-Media-Auftritt oder eine Stellenanzeige gesehen haben. Diese erste Phase wird als Anziehung bezeichnet. In der zweiten Phase, der Information, werden über diverse Kanäle Informationen über das Unternehmen und dessen Jobangebote eingeholt. Informationsquellen können z. B. die Homepage des Unternehmens, Kununu, Glassdoor oder ähnliche Websites sein. Es folgt die dritte Phase, die Bewerbung, über online-Formulare, per E-Mail oder postalisch sowie – bei überzeugenden Bewerbungsunterlagen – die vierte Phase, die Auswahl durch das Unternehmen. Bewerberinnen und Bewerber werden für den Rekrutierungsprozess in das Unternehmen eingeladen und absolvieren beispielsweise ein Assessment-Center und Vorstellungsgespräche. Erhält eine Kandidatin oder ein Kandidat am Ende der Auswahlphase ein Vertragsangebot, folgt bei Annahme die fünfte Phase, die Einarbeitung. Das Modell schließt mit der letzten Phase, der Bindung. Die neue Mitarbeiterin oder der neue Mitarbeiter lernt den dortigen Arbeitsalltag kennen und entwickelt eine mehr oder weniger starke Mitarbeiterbindung zum Unternehmen. Die Phasen eins bis vier stellen hierbei die Candidate-Experience-Komponenten dar und die Phasen fünf und sechs die Employee-Experience-Komponenten.

Beim Candidate-Experience-Management geht es um die aktive Gestaltung der Kontaktpunkte der Bewerberin oder des Bewerbers mit einem potenziellen Arbeitgebenden. Dabei sieht das Unternehmen sich Bewerbende als Kundschaft und stellt deren Erleben während des Rekrutierungsprozesses in den Mittelpunkt. Die Menschen und Prozesse, die Bewerberinnen und Bewerber erleben, werden schrittweise von außen analysiert und interpretiert. Mit der Sicht von außen ist es möglich, die Erwartungen von sich Bewerbenden an Rekrutierungsprozesse zu verstehen und deren Erfüllung zu planen. Ziel ist, die Wahrnehmung der sich Bewerbenden systematisch zu berücksichtigen und als Unternehmen einen positiven Eindruck zu hinterlassen.

Wie lässt sich ein gutes Candidate-Experience-Management umsetzen?

Während der Entwicklung eines auf das Unternehmen zugeschnittenen Candidate-Experience-Management-Konzeptes ergeben sich folgende Fragen:

Inwieweit stimmen die Erwartungen an potenzielle Arbeitgeber mit den tatsächlichen Erfahrungen in Rekrutierungsprozessen überein?

Es wurde festgestellt, dass sich die Erwartungen von Bewerbern und Bewerberinnen in Bezug auf die Informationen, die sie von Unternehmen erhalten, die angebotenen Möglichkeiten der Bewerbungsübermittlung, Bestätigungsmails, den persönlichen Empfang und Gastfreundlichkeit meist mit ihren tatsächlichen Erfahrungen in Rekrutierungsprozessen decken. Alle weiteren Erfahrungen decken sich nur teilweise oder gar nicht mit den Erwartungen. Beispielsweise erwarten die meisten einen Rekrutierungsprozess von längstens vier Wochen. Die erwartete Dauer wird jedoch oft überschritten. Transparenz und regelmäßige Kommunikation sowie die Anpassung von Unternehmen an die aktuelle Zeit werden erwartet, aber sind häufig nicht gegeben.

Unternehmen müssen daher moderner werden und sich an die fortschreitende Digitalisierung anpassen, ihr Employer Branding und Personalmarketing besser ausbauen, die Stellenanzeigen und Positionslevel überarbeiten, schneller werden, vermehrt persönlich mit den Bewerbenden kommunizieren und Feedback gewährleisten.

Welche Konsequenzen ergeben sich für Unternehmen, wenn sich die Erwartungen nicht mit den tatsächlichen Erfahrungen in Rekrutierungsprozessen decken?

Ergebnisse sind, dass Bewerberinnen und Bewerber schlechte Erfahrungen mit ihrer Familie, ihren Freunden und Bekannten teilen und manche sogar schlechte Bewertungen auf Bewertungsseiten wie Kununu oder Glassdoor hinterlassen. Das schlechte Image der Unternehmen wird durch Mundpropaganda weitergegeben und hat enormen Einfluss auf den Recruiting-Erfolg. Die fehlende Weiterempfehlung durch das Umfeld führt häufig dazu, dass keine Bewerbung versendet wird und andere Unternehmen mit positivem Image bevorzugt werden.

Welche Attraktivitätsmerkmale sollten Unternehmen aufweisen, damit die Candidate Experience positiv wahrgenommen wird?

Es hat sich herauskristallisiert, dass Unternehmen überzeugen, die modern sind, sich fortschrittlich an die Digitalisierung anpassen und ein gut ausgebautes Employer Branding sowie Personalmarketing besitzen. Weitergehend stellte sich heraus, dass Benefits wie Home-Office, flexible Arbeitszeiten und Jobtickets hoch angesehen sind und den heutigen Lebensstil unterstützen. Unternehmen, die dies anbieten können, werden wahrscheinlich bevorzugt, sofern alle anderen Aspekte ebenfalls überzeugen. Außerdem ergaben sich als weitere Attraktivitätsmerkmale für eine positiv wahrgenommene Candidate Experience die Faktoren Experience-Struktur, Übersichtlichkeit, Einfachheit, Klarheit, Schnelligkeit, Wertschätzung, regelmäßige Kommunikation, eine gute Atmosphäre, Corporate Social Responsibility und individuelles, persönliches Feedback.

Ein erfolgreiches Candiate-Experience-Management lässt sich demnach umsetzen, indem jeder indirekte und direkte Kontaktpunkt von Personen mit dem Unternehmen schrittweise analysiert und kontinuierlich an die Erwartungen angepasst wird.

Fazit

Die tatsächlich erlebten Rekrutierungsprozesse bei potenziellen Arbeitgebenden liegen meist unter den Erwartungen von Bewerberinnen und Bewerbern. Konsequenzen sind zum einen eine Verschlechterung der Employer Brand der Unternehmen und zum anderen eine geringere Anzahl sich Bewerbender, wenn Bewerberinnen und Bewerber ihre negativen Erfahrungen publik machen. Weitergehend zeigt sich, dass Personen sich bevorzugt von Unternehmen überzeugen lassen, die einen modernen, schnellen, transparenten und zuvorkommenden Eindruck machen.

Es ist deshalb dringend anzuraten, dass Unternehmen den War for Talents ernst nehmen und beginnen, ein spezifisches Candidate-Experience-Management einzuführen, zu optimieren und laufend zu überprüfen. Ansonsten werden durch die Stagnation gute Kandidierende verloren, was langfristig dem Unternehmenserfolg schadet.

 

Über den Autor

Sandra Leppers

B.Sc. Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspsychologie
Mitarbeiterin People und L&D bei WW Deutschland GmbH

Von Sandra Leppers

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