Wenn sich Wirtschaftspsychologen Gedanken über die räumliche Ausgestaltung von Büros machen, so stehen im Fokus die Zusammenarbeit, die Gestaltung der Rahmenbedingungen für kreatives, leistungsförderliches und motivierendes Arbeiten. Dabei liegt der Fokus auf den Menschen, den Teams und den Projekten, die die Räumlichkeiten mit Leben füllen.
Büroräumlichkeiten sollen und müssen jedoch auch durch eine technische Brille betrachtet werden. Gerade bei der Neu- oder Umgestaltung von Büros sollte frühzeitig berücksichtigt werden, was abhängig von Bauvorschriften und Arbeitsstättenrichtlinien überhaupt möglich ist. Um diese beiden Sichtweisen miteinander zu vereinbaren, wurde Asbjörn Gärtner, Bauingenieur und Professor für Facility Management, interviewt.
Worauf achtest du bei der Gestaltung von Büroräumlichkeiten und insbesondere bei der Gestaltung von Großraumbüros?
Grundsätzlich sind eine ganze Reihe von Regeln bei der räumlichen Gestaltung von Büros zu beachten, allen voran die Arbeitsstättenrichtlinien bzw. Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR), welche die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) konkretisieren. Darin sind beispielsweise Büroräume ohne Tageslicht in Deutschland nicht zulässig. Das gilt auch für Großraumbüros, in denen es vom Fenster weit entfernte Arbeitsplätze gibt, die nicht ausreichend mit Tageslicht versorgt werden können. Aber auch beim Nutzen von Trennwänden, Think Tanks oder Telefonboxen muss einiges beachtet werden. Sie dürfen natürlich keine Fluchtwege verstellen. Wichtig ist aber auch, die Nutzung vor allem aus planerischer und später aus betrieblicher Sicht, insbesondere hinsichtlich der Instandhaltung, zu bewerten. Welche Kosten sind dabei beispielsweise zukünftig zu erwarten?
Was ist deine Erfahrung mit den Kundenwünschen zu modernen Bürowelten und der Umsetzbarkeit in der Praxis?
Erfahrungsgemäß scheitern die Kundenwünsche oftmals an zu hohen Investitionskosten. Diese werden häufig vom Management hinterfragt und nicht freigegeben. Wichtig ist also, die Benefits zu identifizieren. Wir setzen bei der Planung moderner Büros, die häufig in Form von Open Space, Desksharing oder Coworking Spaces angedacht werden, die sogenannte Sharing Ratio an, die Anzahl der verfügbaren Arbeitsplätze zur Anzahl der Mitarbeitenden. Dabei werden weniger Arbeitsplätze geplant als Mitarbeitende vorhanden sind. Bei diesen Konzepten geht man nämlich davon aus, dass niemals alle Mitarbeiter – aufgrund von Dienstreisen, Urlaub, Krankheit usw. – gleichzeitig anwesend sind. Damit wir verlässliche Aussagen darüber treffen können, wie viele Mitarbeiter regelmäßig einen Arbeitsplatz benötigen, führen wir Messungen mit Hilfe von Sensortechnik durch – nicht nur raumweise, sondern auch arbeitsplatzweise. So kann festgestellt werden, wie viele Schreibtische tatsächlich besetzt sind, wie lange dort gearbeitet wird und wann die meisten Mitarbeitenden im Büro anwesend sind, um die Auslastungsspitzen zu identifizieren. Die Messungen finden sowohl vor als auch nach einer Neugestaltung statt. Die gewonnenen Daten werden später nicht nur für die Flächenoptimierung genutzt, sondern auch, um beispielsweise die Reinigung in Abhängigkeit der Belegung zu optimieren oder das Essen in der Kantine passgenau planen zu können.
Dank modernster Sensoren lassen sich sämtliche Bewegungsabläufe in den Büroräumlichkeiten monitoren. Hier gilt es aber die Grenzen des Datenschutzes einzuhalten, ohne den Mitarbeitenden das Gefühl von ständiger Überwachung zu geben. Beispielsweise kann die Anwesenheit und Auslastung über die Nutzung von Keycards gemessen werden, dazu benötigt man keine Sensoren am Schreibtisch. Um aber zu evaluieren, welche Plätze überdurchschnittlich oft oder besonders selten genutzt werden, muss deutlich genauer gemessen werden. Nur so bekommt man auch die Möglichkeit, die gestalterische Situation an einzelnen Arbeitsplätzen nachzubessern.
Aber nicht nur die Planung der Arbeitsplätze ist wichtig, auch die Berücksichtigung von Flächen für die sogenannte Home Base – eine gemeinschaftlich genutzte Fläche für z.B. Kopierer und Postfächer und Locker – also Schließfächer, in denen Mitarbeitende Ihre Unterlagen lagern können – sind für die Planung von New Work Spaces wichtig.
Oftmals werden auch Außenflächen gestalterisch mit in die Planung einer neuen Bürowelt aufgenommen. Aus Sicht des Facility Managements ist hier vor allem das Parkraummanagement von Bedeutung, also die Verfügbarkeit von ausreichend Parkfläche sowie die zukünftige Planung des pflegerischen Aufwands der Außenanlagen.
Zu welchem Zeitpunkt der Planung wirst du oder deine Kollegen bei der Neugestaltung von Büros normalerweise hinzugezogen?
Das erfolgt in der Regel zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Sobald die Idee im Raum steht, neue Büroflächen zu planen oder am Bürobestand Veränderungen vorzunehmen, werden sowohl Architekten als auch wir als Bauingenieure und Facility Manager in die Planung einbezogen. Planen, Bauen, Betreiben – drei Sichtweisen, die in einem Konzept zu integrieren sind. Dieser ganzheitliche Ansatz trägt maßgeblich zur erfolgreichen Umsetzung neuer Bürokonzepte bei und sichert die Akzeptanz der Nutzer. Der frühe Einbezug ist aufgrund geltender Verordnungen und Richtlinien bei der Gestaltung von Büroräumlichkeiten und zur Abschätzung von späteren Kosten sehr zu empfehlen.