Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)

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Thema: Berufliches Eingliederungsmanagement

Frau S. war krankgeschrieben. Ein unglücklicher Sturz beim Radfahren und das Handgelenk war so kompliziert gebrochen, dass zwei Operationen folgen mussten. An Arbeiten war mit den Schmerzen und der geringen Belastbarkeit nicht zu denken. Auch wenn Frau S. im Büro nicht schwer heben muss, so war schon das Bedienen der Computermaus und das Tippen am Rechner kaum möglich. Ihr Arzt hatte sie daher zunächst für 4 Wochen krank geschrieben und eine Reha verordnet. Warum musste sie auch ausgerechnet auf die rechte Hand fallen? Nicht nur, dass es undenkbar war, zu arbeiten. Auch die einfachsten Alltagshandlungen, Anziehen, Kochen, waren kaum zu stemmen. Selbst nach den ersten 4 Wochen war eine normale Belastung des Handgelenks nicht möglich. Die erneute Krankschreibung war noch einmal für 3 weitere Wochen ausgestellt, zusammen mit einem Rezept für Physiotherapie.

Zu dem Ärger mit dem Handgelenk kamen nach der langen Zeit auch Langeweile und ein schlechtes Gewissen, die Kollegen im Büro mit der ganzen Arbeit alleine zu lassen, hinzu. Als nach etwas mehr als 6 Wochen dann ein Brief des Arbeitgebers ins Haus flatterte, freute Frau S. sich zunächst über die Post. Beim Lesen aber überkamen sie Sorge und Angst.

Sehr geehrte Frau S.,

nach unseren Informationen sind Sie 6 Wochen oder länger erkrankt. In diesem Fall sieht der Gesetzgeber mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX vor, dass wir Ihnen einen Gesprächstermin anbieten.

Gemeinsam wollen wir in dem persönlichen Gespräch erörtern, welche Bedingungen an Ihrem Arbeitsplatz verändert und welche weiteren geeigneten Maßnahmen getroffen werden können, um Ihre Genesung schnell herbeizuführen und einer erneuten Dienst-/Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen

Sie können selbst entscheiden, ob Sie das Gesprächsangebot wahrnehmen möchten. Sollten Sie einverstanden sein, melden Sie sich bitte zur Terminvereinbarung.

Mit freundlichen Grüßen

Das knappe Schreiben hinterließ ein ungutes Gefühl bei Frau S. Wie sollte Sie denn ihrem Arbeitgeber erläutern, dass ein gebrochenes Handgelenk nun mal passieren könnte und sie doch selbst schon unglücklich genug über die lange Krankschreibung ist?

Pixabay – Mojpe

Erfahren Sie im Folgenden

  • Welche gesetzlichen Vorschriften für das BEM gelten
  • Wie die Einleitung des BEM-Verfahrens besser gelingen kann
  • Welche Schulungen für das BEM Gespräch sinnvoll sind

 

Gesetzliche Vorschriften

Gesetzlich verankert ist das BEM in § 167 Absatz 2 SGB IX. Dort ist festgelegt, dass ein Arbeitgeber alle Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten hat. Es geht also nicht nur darum, Mitarbeiter die über einen zusammenhängenden Zeitraum von 6 Wochen krankgeschrieben sind, zum BEM einzuladen. Sondern auch diejenigen, die beispielsweise 3 mal 2 Wochen krank waren, sind beim BEM zu berücksichtigen. Weiter ist der Zeitraum „innerhalb eines Jahres“ nicht als Kalenderjahr, beginnend am 1.1. zu verstehen, sondern beginnend mit der ersten Krankschreibung.

Der Arbeitgeber muss weiterhin klären, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.“ Bei dieser Klärung hat der Arbeitgeber Handlungsfreiheit und kann die Maßnahmen auf den Betrieb und das Umfeld anpassen.

 

Einladung zum BEM Gespräch

Damit die Einladung zum BEM Gespräch nicht wie bei Frau S. im Beispiel Angst und Sorge auslöst, empfiehlt sich eine freundliche und zugewandte Formulierung. Darüber hinaus kann auch eine telefonische Ankündigung des Schreibens die Sorgen des Arbeitnehmers verringern. Grundsätzlich ist es auch möglich, zum Gespräch nur telefonisch einzuladen, hier gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Es muss lediglich dokumentiert werden, dass zum BEM Gespräch eingeladen wurde, und ob das Gespräch von der betroffenen Person wahrgenommen wird.

Eine mögliche Formulierung des Einladungsschreibens kann so aussehen:

Sehr geehrte/r ….

Uns ist die Gesundheit unserer Beschäftigten sehr wichtig. Aus diesem Grund nehmen wir den gesetzlichen Auftrag, zum dem wir nach § 167 Absatz 2 SGB IX verpflichtet sind, sehr ernst. Wir bieten allen Beschäftigten, die in den letzten 12 Monaten mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig waren, unsere Unterstützung an. Dies trifft auch auf Sie zu. Wir laden Sie daher zu einem Gespräch ein, bei dem wir gemeinsam schauen, welchen Beitrag wir zu Ihrer Gesundung und Erhaltung Ihrer Arbeitsfähigkeit leisten können.

Selbstverständlich ist diese Gesprächsangebot für Sie freiwillig. Sie können ohne eine Angabe von Gründen ablehnen, ohne dass Ihnen ein Nachteil daraus entsteht.

Wenn Sie Fragen haben oder noch weitere Informationen wünschen, dann melden Sie sich doch gerne.

Mit freundlichen Grüßen

Sinnvolle Schulungen

Das BEM Gespräch ist sicherlich nicht immer einfach. Die Diagnose des Betroffenen soll zu keiner Zeit thematisiert werden. Dennoch geht es darum, Änderungen am Arbeitsplatz oder in der Arbeitsgestaltung zu ermöglichen, um eine schnelle Gesundung und Erhaltung der Arbeitsfrist zu ermöglichen. Häufig sind betroffene Personen im Gespräch sehr verschlossen und wollen keine Details besprechen. Oft gerade in Situationen, in denen aufgrund von Mobbing oder Problemen mit Vorgesetzten Krankschreibungen entstehen. Daher ist es unbedingt sinnvoll, eine Schulung zur Führung von schwierigen BEM Gesprächen zu besuchen. Hier wird meist in Fallbeispielen geübt, wie in unterschiedlichen Situationen reagiert werden kann.

Das Bildungswerk der Nordrhein-Westfälischen Wirtschaft bietet im kommenden Jahr (09.03.2021) solch eine Schulung als Webinar an. Sie haben schon eher Bedarf? Sprechen Sie uns gerne an.

Über den Autor

Prof. Dr. Magdalena Bathen-Gabriel

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