Homeoffice auf den zweiten Blick

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Die Vorteile des Homeoffice liegen auf der Hand. Mitarbeitende freuen sich über Flexibilität und Selbstbestimmung, können Familie, Hobbys, kurz: ihren Lebensstil besser mit den beruflichen Verpflichtungen vereinbaren. Stunden im Stau braucht kein Mensch, und das Klima braucht sie auch nicht. Unternehmen können ihre moderne Personalpolitik hervorheben, damit junge Talente gewinnen, und bestenfalls noch teure Büroflächen einsparen.

mit Laptop und Handy am Strand arbeiten, Foto CC0 Pixabay
Fotolizenz CCO Pixabay (c) AdrienBe

Leider gibt es aus der Forschung konsistente Hinweise, dass ein Homeoffice die Karriere hemmt (z. B. London Business School, D. Cable, 2013; Stanford University, Nicolas Bloom, 2015). Auch darüber hinaus gibt es Aspekte, die einen zweiten Blick verdienen.

Ergonomie – immer locker bleiben

Manche Vorschriften erscheinen vielleicht etwas bürokratisch, aber sind es nicht auch Errungenschaften für Sicherheit und Gesundheitsschutz? Es geht um Anpassung der Arbeit an den Menschen, nicht umgekehrt.

Im Büro geben Firmen viel Geld dafür aus, beispielsweise für höhenverstellbare Schreibtische, an denen man auch im Stehen arbeiten kann. Und im Homeoffice? Da arbeiten die Mitarbeiter auf dem Sofa oder Küchenstuhl. Oder auf einem Bistrostuhl im Café.

Bildschirmarbeitsplätze unterliegen strengen Anforderungen. Die Größe der Monitore muss passen, Spiegelungs- und Blendungseffekte müssen ausgeschlossen sein. Und wo klappt der heimarbeitende Experte sein Laptop auf?

Im Grunde ist das Unternehmen in der Verantwortung, auch bei Homeoffice-Arbeitsplätzen dafür zu sorgen, dass die betrieblichen Standards eingehalten werden. Also müssen sie sich dies vom Mitarbeitenden zusichern lassen und ggf. vor Ort kontrollieren, wie der Arbeitsplatz aussieht. Rücken- oder Augenprobleme schmerzen den Beschäftigten, aber auch die Fehlzeitenstatistik der Firma.

So cool arbeiten wie auf dem Beitragsfoto – das ist nur etwas für Selbstständige, die das alles selbst verantworten. Inklusive späterer Rückenschmerzen.

Arbeitszeitstruktur – always online

„Eigentlich“ sollte man im Homeoffice genauso arbeiten wie im Büro des Unternehmens. Doch diese Definition des „genauso“ ist gar nicht so einfach!

Beispielsweise der Umgang mit kleinen Unterbrechungen und Ablenkungen: Ein kurzer privater Telefonanruf, ein kleiner Austausch in der WhatsApp-Gruppe: dafür stempelt man sich im Büro nicht aus. Im Homeoffice bekomme ich vielleicht schon ein schlechtes Gewissen. Die Spülmaschine in der Abteilungsteeküche ausräumen: klar, das muss jeder mal machen. Aber die Spülmaschine zu Hause – das ist schon etwas Anderes. Stören die Kollegen mit Gesprächen, ist das normal. Stören die Kinder im Homeoffice – ziehe ich das dann von meiner Arbeitszeit ab?

Im Büro laufen soziale Vergleichsprozesse unmerklich nebenbei: was ist okay, und was nicht? Im Homeoffice muss jeder das für sich definieren, oder es explizit mit dem Unternehmen klären.

Aus Sorge, dass ihnen Faulenzen unterstellt wird, sind Heimarbeitende oft ständig online, mehr als die Kollegen im Büro. Sie wollen ihr Engagement durch dauernde digitale Anwesenheit beweisen. Nur keine Mail bis morgen liegenlassen, damit niemand denkt, man würde sich einen lauen Lenz machen.

In der Folge bleibt ein richtiges Feierabendgefühl aus. Homeoffice-Mitarbeiter können deutlich schlechter abschalten. Rituale des Übergangs von der Arbeit zum Privatleben, wie die Fahrt nach Hause, fehlen. So etwas müsste man sich eigentlich schaffen! Sind äußere Grenzen nicht da, dann braucht man umso mehr eine klare innere Abgrenzung.

Kommen noch familiäre Verpflichtungen wie die Sorge für Kinder oder Pflegebedürftige hinzu, dann wird die Tagesarbeit häufig dafür unterbrochen. Das ergibt einen zerfledderten Tag, dem eine ordnende Struktur fehlt. Die Anforderungen an die Konzentration sind hoch, wenn man immer umschalten muss. Außerdem ist es gar nicht so leicht, z. B. Kindern klarzumachen, dass Mama zwar da ist, aber nicht gestört werden darf.

Auch wenn man seine Homeoffice-Arbeit ungestört erledigen kann, lauert die Gefahr der „motivierten Selbstausbeutung“, gerade bei engagierten Wissensarbeitern. Sie können Raum und Zeit vergessen, so intensiv tauchen sie in die Arbeit ein. Das gibt auch ein gutes Zufriedenheitsgefühl, zunächst mal. Die Gefahr für einen Burnout ist aber da. Und der Arbeitgeber darf das eigentlich nicht zulassen: Das Arbeitszeitgesetz begrenzt die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden, und eine Nachtpause von 11 Stunden gab es doch auch noch.

Datensicherheit und Datenschutz – Top secret im eigenen Haus

Der Laptop im Homeoffice darf die Datensicherheit des Unternehmens nicht bedrohen. Deshalb wird er meist von der Firma gestellt und eine private Nutzung untersagt. Denn wenn der Mitarbeiter einfach mal ein paar weitere Programme darauf installiert, kann er sich damit auch Schadsoftware einfangen, die ins Firmennetzwerk gelangt.

Nun bin ich kein IT-Experte. Aber mir ist klar, dass die Zugriffsmöglichkeiten heute weit über die Gefahr von infizierten USB-Sticks hinausreicht. Was ist mit WLAN-Routern zu Hause? Bluetooth, SmartHome, das Internet der Dinge? Der Homeoffice-Rechner muss digital abgeschottet werden, als wäre er nicht über das Firmentor hinausgelangt.

Und nicht nur digital… Wer guckt dem Homeoffice-Mitarbeiter über die Schulter, während er arbeitet? Auf der Terrasse bei schönem Wetter ein paar Aufgaben erledigen, das geht eigentlich nicht, wenn Familie oder Freunde auch da sind. Und selbst dann können heutzutage Drohnen über den Garten fliegen. Die DSGVO hat uns alle sensibilisiert, was schützenswerte Daten sind. Nicht nur Geschäftsgeheimnisse sind zu bewahren, sondern alle personenbezogenen Daten wie z. B. Namen oder Mailadressen. Schützen: das heißt doch strenggenommen, dass kein Dritter Zugang hat, also dass keiner auch nur zufällig einen Blick auf den Bildschirm werfen kann.

Ich gucke dann immer staunend auf die Werbung von Co-Working-Spaces. Wenn ich Industriespionage machen wollte, ginge ich dorthin!

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Sabine Neugebauer
Von Sabine Neugebauer

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