…Vierzig Stunden pro Woche, verteilt auf fünf Arbeitstage, das ergibt mit einer halben Stunde Pause eine tägliche Arbeitszeit von 9.00 bis 17.30 Uhr…
Das klassische Modell des Nine-to-Five-Jobs funktioniert für viele Unternehmen, Arbeitsbereiche, Abteilungen, Arbeitgeber und Beschäftigte nicht. Die Gründe dafür sind unterschiedlicher Natur: Ausgedehnte Servicezeiten, saisonal schwankende Auftragslagen, Stau und überfüllte öffentliche Verkehrsmittel zu Stoßzeiten oder einfach der Wunsch nach mehr Flexibilität im Alltag.
Welche typischen Arbeitszeitmodelle es gibt und welche Vor- und Nachteile sie bringen, stellt dieser Artikel dar.
Das Arbeitszeitkonto:
Das Arbeitszeitkonto ist eigentlich kein eigenes Arbeitszeitmodell sondern eine Steuerungskomponente für andere flexible Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitszeit und wird daher häufig kombiniert mit Gleitzeit, Funktionszeit oder Vertrauensarbeitszeit. Das Arbeitszeitkonto funktioniert wie ein Sparbuch, jedoch werden hier Arbeitsstunden gutgeschrieben oder entnommen. Wird mehr gearbeitet, als vertraglich vereinbart, entsteht ein Plus auf dem Konto. Andersherum entsteht ein Minus, wenn weniger gearbeitet wird.
Bei der Einführung von Arbeitszeitkonten sind der Ausgleichszeitraum als auch der Umfang des Kontos zu berücksichtigen. Der Ausgleichszeitraum gibt an, in welchem Zeitraum Plus- und Minusstunden ausgeglichen werden sollen. Dabei schreibt das Arbeitszeitgesetz vor, dass Arbeitszeiten über 8 Stunden werktäglich innerhalb von 6 Monaten vorher oder nachher ausgeglichen werden müssen. Der Umfang des Kontos richtet sich nach den üblichen Schwankungen im Arbeitsaufkommen. Bei geringen Schwankungen reichen um die 20 Plus- bzw. Minusstunden, bei starken saisonalen Schwanken macht evtl. sogar ein Umfang von über 100 Stunden Sinn.
Gleitzeit:
Das Gleitzeitmodell bietet in gewissem Umfang Flexibilität bei der Gestaltung des Arbeitsbeginns und –endes. So kann der dicke Stau auf der A3 vermieden werden, indem man einfach eine halbe Stunde früher oder später losfährt. Auch ein Arzttermin kann unkompliziert morgens oder nachmittags geplant werden. In den häufigsten Fällen existiert im Gleitzeitmodell eine Kernarbeitszeit, in der alle Beschäftigten anwesend sein müssen, z.B. in der Zeit von 10:00 bis 15:00 Uhr. Um diese Kernarbeitszeit herum können dann jeweils beispielsweise drei Stunden flexibel als Gleitzeit eingesetzt werden (Eingleiten 07:00 – 10:00 Uhr, Ausgleiten 15:00 – 18.00 Uhr).
Gleitzeitmodelle können auch ohne Kernarbeitszeit durchgeführt werden. Hierbei wird lediglich ein Zeitraum (z.B. von 07:00 – 18:00 Uhr) definiert, in dem gearbeitet werden kann und soll.
Eine spezielle Variante des Gleitzeitmodells ist die sogenannte Funktionszeit.
Funktionszeit:
Bei diesem Modell wird die Kernarbeitszeit durch die sogenannte Funktionszeit ersetzt. Die Funktionszeit setzt keine Anwesenheitspflicht aller Beschäftigten voraus sondern das Funktionieren eines bestimmten Arbeitsbereiches bzw. Teams zu einer festen Zeit. So kann Vorgabe sein, dass in der Funktionszeit von 10:00 – 15:00 Uhr immer mindestens zwei Servicetelefone besetzt sein müssen. Die genaue Abstimmung der individuellen Anwesenheitszeiten kann so untereinander im Team oder der Abteilung flexibel stattfinden.
Jahresarbeitszeit:
Bei diesem Modell kommt ebenfalls ein Arbeitszeitkonto zum Einsatz, jedoch mit dem Prinzip, dass die wöchentliche Arbeitszeit für ein gesamtes Jahr betrachtet wird. Das Modell eignet sich besonders gut für Unternehmen und Arbeitsbereiche, deren Auftragslage starken (z.B. saisonalen) Schwankungen unterliegt. Bei starker Auslastung kann so die tägliche/ wöchentliche Arbeitszeit erhöht werden, bei schwacher Auftragslage verringert sie sich. Dabei wird das Gehalt trotz der Schwankungen kontinuierlich bezahlt.
Vertrauensarbeitszeit:
Flexibler geht es nicht – das Modell der Vertrauensarbeitszeit sieht vor, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit selbst festlegen. Es ist nicht entscheidend, wie lang oder wo gearbeitet wird, sondern dass festgelegte Ziele und Vorgaben erfüllt werden. Dieses Modell eignet sich besonders für kreative Tätigkeiten, Wissenstätigkeiten oder Beschäftigungen im Außendienst.
Wesentliche Voraussetzung für dieses Modell ist eine angemessene Vertrauenskultur im Unternehmen. Führungskräfte müssen die Arbeit anhand von sinnvollen, objektiven Zielvorgaben bewerten können, verzichten dabei aber auf die Kontrolle der Anwesenheit. Beschäftigte wiederum müssen in der Lage sein, sich ihre Arbeit selbstverantwortlich einzuteilen, denn die Gefahr lauert auf beiden Seiten: Es wird zu wenig gearbeitet oder rund um die Uhr.
Homeoffice:
Die Digitalisierung macht es möglich – durch das Internet und mobile Endgeräte wie Smartphone, Tablet und Laptop kann in vielen Bereichen die Arbeit theoretisch von überall aus erledigt werden. Arbeiten von zu Hause aus ermöglicht vielen Beschäftigten eine sehr gute Möglichkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren. Neben klassischen Bürotätigkeiten eignet sich jede Form der Dokumentationsarbeit (z.B. in der Pflege oder der sozialen Arbeit oder für die Dokumentation von Außendiensteinsätzen etc.) für dieses Modell.
Zeitwertkonten und Sabbatical:
Heute viel arbeiten und dafür nächstes Jahr eine Weiterbildung machen oder früher in den Ruhestand gehen können – mit Hilfe von Zeitwertkonten ist dies möglich. Bei diesem Modell werden in einem gewissen Zeitraum Lohn- und Gehaltsbestandteile angespart. So gehen Überstundenbezahlungen, Ausgleichszahlungen für nicht genommenen Urlaub oder Sonderzahlungen auf das Konto ein und können so zu einem späteren Zeitpunkt für Weiterbildungen, Pflegezeiten, Arbeit in Teilzeit oder den Vorruhestand entnommen werden.
Eine andere Variante stellt die Jahresarbeitszeit in Teilzeit dar. Bei dieser Variante arbeitet der Beschäftigte für einen festgelegten Zeitraum (z.B. für ein Jahr) in Vollzeit, bezieht jedoch nur ein Teil seines Gehalts (z.B. 60%). Zu einem späteren Zeitpunkt kann das „angesparte“ Gehalt dann als Ausgleich bezogen werden, wenn z.B. eine Auszeit, eine längere Reise oder Zusatzqualifizierung geplant ist.
Neben den hier dargestellten Arbeitszeitmodellen existieren selbstverständlich weitere Gestaltungsmöglichkeiten, wie Rufbereitschaften, Schichtarbeitsmodelle oder unterschiedliche Formen der Arbeit in Teilzeit. Grundsätzlich stellt sich die Frage, welches Modell für welche Unternehmen, Führungskräfte, Tätigkeitsbereiche und individuelle Mitarbeiter geeignet und sinnvoll ist. Gleichzeitig ist mit höchster Priorität auch bei größtmöglichem Flexibilisierungswillen die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu beachten.
So muss bei Modellen mit Arbeitszeitkonten darauf geachtet werden, dass Plus- und Minusstunden nicht in ungesundem Maße angehäuft werden bzw. muss die Möglichkeit bestehen, diese wieder abzubauen.
Das Funktionszeitmodell kann zu Spannungen zwischen und innerhalb von Abteilungen führen, wenn das Modell z.B. nur für eine Abteilung eingeführt wird oder die Absprachen innerhalb des Teams zu Unstimmigkeiten führen.
Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice bergen jeweils Gesundheitsrisiken für die Beschäftigten durch das Herausbilden einer „Always-on-Mentalität“ bzw. der „interessierten Selbstgefährdung“. Dadurch dass die Arbeit weder räumlich noch zeitlich begrenzt ist, kann es zu einer starken Vermischung von Freizeit und Beruf kommen: Der Beschäftigte befindet sich dabei nie richtig im Feierabend. Durch zu hohe Vorgaben und Zielvereinbarungen kann die Vertrauensarbeitszeit von Seiten der Führungskräfte ausgenutzt werden: Zu ihrer Erreichung sind viele Überstunden notwendig, die durch das „Vertrauen“ in Kauf genommen werden (müssen). Dies kann auch ganz ohne böse Absicht aus Unwissenheit und Fehleinschätzung geschehen.
Schließlich sollte auch bedacht werden, dass die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsorten zwar die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern mag, jedoch gleichzeitig das Betriebsklima und soziale Miteinander im Unternehmen schwächen kann. Es macht einen Unterschied, ob man den Kollegen täglich auf einen kurzen Plausch in der Teeküche trifft oder nur zur festgelegten Telefonkonferenz mit ihm spricht. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile und so ist eine Teamleistung eben oft mehr als das Zusammenfügen von Einzelbeiträgen.